Wer will heute noch Hausmeister werden? Fachkräftemangel im Facility Management.

Hausmeister müssen alles können: Die Hightech-Heizungsanlage in Gang bekommen, Fremdfirmen dirigieren, schwierige Mieter handhaben - und immer eine Lösung für die kleinen und großen Katastrophen des Alltags finden. 

Wo findet man diese Alleskönner des Facility-Management? Wie hält und pflegt man solche Talente? Darüber spricht Marius Luther heute mit dem Hausmeister Oliver Reiter und mit Ingrid Altmann, Recruiting-Chefin des Dienstleistungsunternehmens WISAG - mit rund 50.000 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber Deutschlands. 

Sie besprechen Fragen wie:

Warum muss ich auch meine Facility Manager weiterbilden und entwickeln?

  • Bekommen Facility Manager zu wenig Wertschätzung? 

  • Wie machen wir Ausbildungsberufe in Haustechnik und Facility Management attraktiv?

  • Wie kann ich das Recruiting in meinem Unternehmen besser aufstellen?

  • Was kann ich tun, wenn sich niemand auf meine Stellenausschreibungen bewirbt?

  • Wie halte ich erfahrene Kräfte im Unternehmen?

Wie hat dir diese Folge gefallen? Was sind deine Erfahrungen im Recruiting für Facility-Management-Berufe? Wir freuen uns auf dein Feedback auf LinkedIn. Oder besuche uns auf der Podcast-Homepage https://unentbehrlich.co. Dort findest du alle Folgen und Marius Luthers monatlichen Newsletter #Unentbehrlich.

  • [00:00:00] Oliver Reiter: Ich will jetzt nicht sagen, dass die Jungen keine Nerven haben, aber die können nicht mehr zuhören Die gucken ein Youtube-Video und meinen, sie können das. Wenn ein Wasserschaden ist, eine große Rohrleitung geplatzt ist, haben wir alles schon gehabt da musst du ruhig bleiben. Das macht aber die Erfahrung. Das kann man nicht lernen,

    [00:00:15] Ingrid Altmann: Wir müssen die Talente, die wir haben, halten, weil nichts ist schlimmer, als wenn das Wissen, was vorhanden ist, verloren geht. Das wäre fatal, und das ist in vielen Situationen der Fall, dass wirklich langjährige Mitarbeiter, wenn die das Unternehmen verlassen, dann dann bricht sehr viel zusammen.

    [00:00:30] Marius Luther: Herzlich willkommen zu Unentbehrlich - der Fachkräfte Podcast.

    [00:00:37] Marius Luther: Ich bin Marius Luther, Gründer und CEO von Heyjobs.de. Ich will herausfinden: Was können wir, wir alle gemeinsam gegen den Fachkräftemangel in Deutschland tun? Wenn ich "Fachkräfte" sage, dann meine ich damit auch Berufe, die bei jungen Leuten nicht ganz oben auf Ihrer Hitliste stehen. Berufe, bei denen es zur Sache geht. Berufe, in denen man nicht unbedingt reich wird. Berufe, die aber trotzdem unentbehrlich sind.

    [00:01:04] Marius Luther: Und um so einen Beruf geht es in dieser Folge. Wir sprechen über den Beruf des Hausmeisters. Oder wie man heute schicker sagt, Facility Manager. Ich fand das immer ein bisschen dick aufgetragen. , Aber dann habe ich für diese Folge mit einem Hausmeister gesprochen, und der hat mir seinen Job erklärt. Und ich muss sagen, der Begriff Manager, der passt schon ganz gut.

    [00:01:27] Oliver Reiter: Ich bin jetzt nicht nur der, der doofe Hausmeister, der eine Mülltonne rausträgt, sondern du musst dich auch wirklich mit den Leuten befassen. Wenn da auf einmal innerhalb von einer Stunde dich fünf Leute anrufen,und du hast fünf Baustellen, und da unten ist ein Wasserrohrbruch, dahinten kommt eine Firma, die kommt nicht aufs Dach. Da ist gleich ,das ist alles gleichzeitig. Die Telekom steht um 12 vor der Tür. Immer. Immer, wenn du das warme Essen hast, können wir uns auf die Telekom Deutschland verlasse, die kommen, müssen an den APL für die Leute des Telefon anzuschließen. Solche Dinge, die muss einfach ein Hausmeister können. Einfach sich umschalten, weißt du. Ganz schnell reagieren. Lösungen finden, ganz pragmatisch auch manchmal. Wir haben auch schon kaputt eine Rohrleitung sonntags abends geflickt, der ganze keller schon vollgelaufen. Haben wir auch mit Panzer Band geflickt, weil nachts kriegst du ja keinen.

    [00:02:15] Oliver Reiter: Altenpfleger warem wir schon, Notretter waren wir schon. Also ich habe auch schon jemand gefunden, der zwei Tage vor der Tür gelegen hat, und ne ältere Dame, die gestürzt ist, nicht mehr hoch gekommen ist, bitte sagen sie meiner Tochter nix, dass ich gestürzt bin. Dann hilft man halt. Tut man jemand die die Dusche setzen und man, macht man sie halt mal sauber. Hilft halt mit. Dement habe ich auch schon, Menschen gehabt, die mich am Tag fünf Mal angerufen haben, die gesagt haben, da läuft in einer in der Wohnung rum. Und du kriegst mit, wenn jemand so in die Demenz weggeht, wenn die Jahre bei dir wohnen.

    [00:02:50] Marius Luther: Das war Oliver Reiter, er ist seit 23 Jahren Hausmeister in Homburg Saar. Da ist er verantwortlich für ein Wohn- und Geschäftszentrum, das wirklich zu seinem Baby geworden ist. Menschen wie Oliver Reiter, die sucht mein zweiter Gast händeringend. Ingrid Altmann leitet das Recruiting beim Dienstleistungsunternehmen WIS AG. Das Unternehmen kannte ich zugegebenermaßen lange auch nicht, aber es ist einer der größten Arbeitgeber Deutschlands.

    [00:03:17] Marius Luther: WISAG ist, glaube ich, in Berlin bekannt, und auch in Frankfurt ganz gut bekannt, in vielen anderen Städten leider noch nicht, obwohl wir mehr als 50.000 Mitarbeiter deutschlandweit haben. Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen im Bereich Facility Management, im Bereich Industry Service und auch im Bereich Aviation, das heißt alles rund um den Flughafen Ja, und über den Fachkräftemangel am Flughafen, da können wir wahrscheinlich mehr als eine separate Folge machen. Das erleben gerade viele Familien auf ihrem Weg in den Urlaub. Jetzt will ich erst mal von Ingrid wissen: Wie findet man Talente für einen so komplexen, mehrdimensionalen Job, wie ihn Oliver Reiter beschreibt?

    [00:03:56] Ingrid Altmann: Diese Vielfalt an Tätigkeiten, das zeigt einfach. Wie wichtig dieser Job ist.

    [00:04:00] Ingrid Altmann: Was dieser Mensch auch alles mitbringen muss, Pragmatismus, diese Flexibilität. Obwohl wir natürlich offiziell, wenn wir unser Stellenprofil veröffentlichen, in unsere Stellenanzeigen natürlich nicht davon sprechen, dass eigentlich mehr als 20 Tätigkeiten in diesem Profil vorgesehen sind.

    [00:04:16] Marius Luther: Dann musst du uns jetzt eigentlich verraten: Wie findet man Kandidaten und Kandidatinnen, die auf so ein Anforderungsprofil passen, die diese 20 Jobs gleichzeitig erledigen können?

    [00:04:28] Ingrid Altmann: Das ist eine sehr gute Frage. Und ich glaube, diese Frage wird immer schwieriger. Natürlich. Wie finden wir diese Menschen? Also zum einen ist natürlich wichtig dass wir als Arbeitgeber präsent sind. Wir merken auch immer mehr, dass der Bereich Social Media hier eine sehr wichtige Rolle spielt. Deswegen auch die Kooperation, die Zusammenarbeit mit euch, mit Heyjobs, ist in dem Bereich sehr relevant für uns, um auch an die entsprechende Zielgruppe zu kommen. Denn ich sag mal, ein Hausmeister wird nicht bei Stepstone nach Stellen suchen, abends am Schreibtisch, sondern wann suchen diese Menschen, wenn sie überhaupt suchen? Sie suchen unterwegs in der Bahn. Es läuft alles über das Smartphones, läuft über Social Media. Und das sind natürlich auch sehr gefragte Menschen, die auch von vielen Seiten auch Angebote bekommen. Und neben dem Social Media-Bereich merken wir auch das Thema Mitarbeiterempfehlungen ist, ist ein großes Thema. Man spricht im Freundeskreis darüber, okay, der beste Kumpel abends beim Fußball oder in der Kneipe, der hat gute Erfahrungen mit dem Arbeitgeber XY gemacht. Dann schaue ich da auch mal vorbei, w enn ich gerade unzufrieden bin .

    [00:05:36] Marius Luther: Oliver Reiter hat sich damals noch ganz klassisch auf eine Stellenausschreibung beworben. Zu der Zeit hatte er schon eine Lehre beim Gleisbau hinter sich.

    [00:05:45] Oliver Reiter: Früher, du hast die Schule gemacht, Papa war bei der Bundesbahn, da hat's geheißen, du gehst zur Bundesbahn, hast die Lehre gemacht, mit 15 bin ich vom Saarland nach Heilbronn gefahren, hab dann drei Jahre lang beim Gleisbauhof Heilbronn gelernt und habe gemerkt, das ist nicht so meins, immer auf Montage. Als junger Mann wilst du am Wochenende mal was anderes machen wie nur auf dem Gleis stehen und zwar Geld zu verdienen, aber es war dann doch ein bisschen zu wenig. Bin dann hin, hab eine kaufmännische Lehre gemacht. Nach einem Jahr habe ich gemerkt, um zehn Uhr schlafe ich im Büro ein.

    [00:06:19] Marius Luther: Immer auf Montage ist keine Option, das Büro aber auch nicht. Oliver Reiter arbeitet dann die nächsten Jahre in verschiedenen handwerklichen Berufen, er geht zur Bundeswehr und arbeitet danach in noch mehr handwerklichen Berufen.

    [00:06:34] Marius Luther: Warum erzähle ich das so ausführlich? Weil es zeigt, dass Hausmeister, Facility Manager, kein ganz leicht zu besetzender Job ist. Man braucht Kandidaten, die schon etwas vom Leben gesehen haben, und die handwerklich vor so gar nichts Angst haben.

    [00:06:50] Oliver Reiter: Also da brauchst du schon ein technisches Verständnis. Du kannst nicht einfach hingehen und sagen: "haaah!". Du darfst keine Angst haben vor der Technik. Wir haben Gott sei Dank mal einen handwerklichen Beruf gelernt. Da haben wir gelernt wie man lernt, wie man zuhört. Ich will jetzt nicht sagen, dass die jungen keine Nerven haben aber die können nicht mehr zuhören. Die gucken ein Youtube-Video und meinen, sie können das. Wenn ein Wasserschaden ist, eine große Rohrleitung geplatzt ist, haben wir alles schon gehabt, tausende von Litern Wasser reingelaufen, da musst du ruhig bleiben. In dem Moment werde ich immer ganz ruhig. Das macht aber die Erfahrung. Das kann man nicht lernen. Empathisch muss er sein, mit anderen Menschen muss er können. So einen Beruf kann keiner machen, der nur Elektriker ist oder nur Heizungsbauer. Am besten ist es wirklich Quereinsteiger. Jemand, der bereit ist, was zu lernen, der offen ist für alles und dann sagt, ich kann mit Menschen gut umgehen. Mein Vorteil ist, ich mach, seit seit ich jung bin, also seit ich 20 bin, mache ich Jugendarbeit.

    [00:07:49] Marius Luther: Ich habe Ingrid gefragt, ob es denn schwierig ist, solche älteren, erfahrenen Talente zu gewinnen.

    [00:07:54] Ingrid Altmann: Also schwierig ist es, denke ich nicht, aber ich muss auch sagen, dass wir da jetzt kein spezielles Programm fahren oder kein spezielles Konzept entwickelt haben. Aber wir sind auf jeden Fall sehr offen dafür, wir sind offen dafür, ältere Mitarbeiter Mitarbeiterinnen einzustellen, weil wir gemerkt haben wir können es uns nicht leisten, dass wir sagen, wir, wir machen den Korridor so klein an an potenziellen Bewerbern, die dafür infrage kommen. Die Offenheit muss auch einfach da sein vom Arbeitgeber.

    [00:08:23] Marius Luther: Ja, ich glaube auch das Rentenalter, das wird ja oft sehr statisch beschrieben, mit 65 oder 67. Aber ich glaube, es gibt 65-jährige, die sind topfit und die könnten wahrscheinlich noch Facility-Management für zehn Häuser koordinieren. Und es gibt wahrscheinlich 50-Jährige, die können das nicht mehr. Das heißt, ich glaube, da müssen wir auch im Arbeitsmarkt durchlässiger werden, weil wir nicht genug unentbehrliche Talente haben und müssen die weiter fördern.

    [00:08:46] Marius Luther: Die andere Möglichkeit ist natürlich, Menschen sehr früh für diesen Job zu begeistern, also idealerweise schon in der Schule darauf aufmerksam zu machen für die Ausbildung, oder du sagtest sogar, es gibt einen Studiengang Facility Management. Was siehst du da in der Praxis, was passiert da schon, was könnte man vielleicht noch besser machen?

    [00:09:05] Ingrid Altmann: Also wir suchen händeringend auch Azubis im im Bereich Anlagenmechaniker, beispielsweise Anlagenmechaniker Sanitär Heizung, Klima, Lüftung, Kältetechnik. Das ist beispielsweise auch ein sehr wertvoller Ausbildungsberuf, wo man dann auch ins Facility Management einsteigt. Ich bin der Meinung, dass unsere jungen Menschen zu wenig wissen, was es für Jobs und für Möglichkeiten gibt und dass viele junge Menschen darauf getrimmt werden, studieren zu müssen.

    [00:09:35] Ingrid Altmann: Und gerade dieses Thema Ausbildung, Ausbildungsberuf, und was gibt es auch für Ausbildungsberufe neben Automobilkaufmann und Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement? Ich glaube, dass, dass das viele junge Menschen gar nicht wissen. Und deswegen sehe ich es auch als unseren Auftrag und auch als Auftrag der Gesellschaft, dieses Spektrum größer zu machen und zu informieren, an Schulen zu gehen, zu sagen, hey, soll ich dir mal zeigen, was Elektriker eigentlich für ein spannender Ausbildungsberuf ist, oder der Ausbildungsberuf Mechatroniker für Kältetechnik. Was du da für spannende Sachen machen kannst. Und auch die Perspektiven aufzuzeigen,.was kannst du mit diesem Beruf machen? Gerade Elektriker und Mechatroniker für Kältetechnik, ich glaube, das sind inzwischen die die heiß begehrtesten Jobs.

    [00:10:14] Marius Luther: Absolut. Ich glaube, diese Ausbildung, die muss wieder eine ganz andere Wertschätzung erfahren, die sie ja eigentlich in Deutschland lange Zeit hatte. Das gibt es in vielen anderen Ländern nicht, das gibt in den USA nicht, asd gibt in Großbritannien nicht, und das war bei uns ein Riesen-asset würde man auf Englisch sagen, was, was wir unbedingt wieder wiedergewinnen müssen. Zu dem Punkt Schüler informieren habe ich übrigens neulich ein interessantes Startup getroffen aus der Schweiz, die machen so Videostreams. Also wie sozusagen, es gibt ja viel, dass auf YouTube junge Leute zeigen, so spiele ich das Computerspiel oder so, und dann haben sie gesagt, was wir jetzt mal machen, ist, wir folgen dem Elektriker durch den Tag. Und wir zeigen auf Youtube, was macht denn der eigentlich den ganzen Tag? Was ich einen spannenden Ansatz fand, um in dem Medium zu bleiben, was in dieser Zielgruppe oder in dieser Altersgruppe konsumiert wird.

    [00:11:06] Ingrid Altmann: Richtig

    [00:11:06] Marius Luther: Weil man muss, glaube ich, wie du richtig sagst, den Leuten zeigen: Was ist das für ein Job, und wie sieht der wirklich aus? Weil ich glaube, fast kein Mensch kann sich was unter Anlagenmechaniker, oder Mechanikerin, wirklich vorstellen.

    [00:11:19] Ingrid Altmann: Genau. Genau. Und damit einhergehend natürlich dann auch die die Arbeitsbedingungen und auch die Perspektiven, die diese Jobs bieten. Na. Also, die junge Generation die natürlich auch keine Lust hat, am Wochenende zu arbeiten Und keiner hat Lust am Wochenende unbedingt zu arbeiten. vielleicht Aber wenn man muss auch einfach Perspektiven bieten, auch sagen, hey, das ist auch ein sicherer Job, und auch sagen, wie sind die Arbeitsbedingungen. Und vielleicht muss man auch in dem einen oder anderen Berufsfeld auch an an diesem Punkt arbeiten, um es auch für jüngere Menschen auch attraktiv zu machen und einen einen Job zu schaffen, der auch für junge Familien dann auch attraktiv ist. Wenn ich ständig Rufbereitschaft habe, als Monteur, als Hausmeister, das ist natürlich auch immer schwierig beispielsweise mit dem Privatleben, mit Freizeit zu vereinbaren.

    [00:12:06] Marius Luther: Und diese Belastung durch die Rufbereitschaft, die ist real. Das sagt auch Oliver Reiter.

    [00:12:11] Oliver Reiter: Ich gehe abends um acht Fußballspielen, guck aufs Telefon, und um 22 Uhr, wenn ich fertig bin, guck ich nochmal aufs Telefon. Das macht in normaler Angestellter, der morgens um sieben seine Stechkarte sticht, mittags um vier Feierabend hat, auch Handwerker, die machen das nicht. Weil man 24 Stunden am Tag das Telefon anhat, das, das belastet einen. Das holt dich so ein. So langsam. So Schritt für Schritt kommt da was. Und es ist manchmal schwierig zu sagen, okay, jetzt mache ich das genau so weiter. Oder manchmal denkt man auch, ich bin jetzt 54, mach das 23 Jahre, da denkt man vielleicht, okay, jetzt ist die Zeit, man könnte noch was anderes machen, aber eigentlich hat man im Kopf die Leute, man hat Verantwortung, man, man, man lebt das ja auch.

    [00:13:01] Marius Luther: Und diese Belastung, Die wird nicht immer gesehen. Da sind wir wieder beim Thema Wertschätzung.

    [00:13:07] Oliver Reiter: Das musste den Chefs mal sagen, dass die ein bisschen mit ihren Leuten, ein bisschen mit den Ressourcen der Menschen ein bisschen besser umgehen müssen und die auch ernst nehmen müssen. Wenn da jemand kommt und sagt, ich hab da Probleme mit und das und das, ich hab da jemand schon das dritte mal einen Toten gefunden, oder, keine ahnung, oder ich musste schon wieder die kacke aus dem Aufzug weg machen das 500ste mal, weil irgendjemand uns da einer spielt und so, und da muss der ein bisschen aufgefangen werden. Also tut schon weh wenn du merkst, dass das, dass auch die Menschen, für die du arbeitest, also die Gebäude, im Gebäude selbst, dass den Leuten es egal ist, wie es da aussieht oder.... das tut schon weh.

    [00:13:43] Marius Luther: Wenn Unternehmen ihre Talente halten wollen, müssen sie sich um sie kümmern. Eigentlich sollte das selbstverständlich sein. Und dazu ein ganz wichtiger Aspekt: In die Weiterbildung zu investieren. Denn auch der Beruf des Hausmeisters hat sich gewandelt

    [00:13:58] Oliver Reiter: Die Technik ist halt komplexer geworden. Ich habe jetzt hab früher eine Fernwärme-Anlage gehabt, da ist die Fernwärme ist von der Stadt gekommen, von dem Heizkraftwerk. Du hast keine Arbeit gehabt mit dem Zeug, gar nichts. Wenn die Heizung kalt war, hast du im Heizkraftwerk angerufen, hast gesagt, was ist denn da los? dann haben die gesagt, ah, wir haben ein Problem. Und da wusste man, OK, in ein paar Stunden wird es wieder warm. Und heute ist es bei bei mir zum Beispiel so: Wir haben zwei große 400-kW-Pelletöfen bekommen, so VitoFlex von Viessmann. Das sind über 700.000 Euro ne Anlage.

    [00:14:34] Oliver Reiter: Und dann heißt's dann auf einmal, ah ja, wer kümmert sich denn um die? Und wer kümmert sich? Habe ich gesagt, ah gehen wir mal drei, vier Tage auf eine Schulung von Viessmann, dass die uns das zeigen. Das ist überhaupt nicht ernst genommen worden. Ich zahl einem jetzt normales Gehalt im Jahr, aber der kann jetzt eine Anlage da betreuen für über 700.000 Euro. Mach mal. Mach doch mal. Du kriegst das hin. Klar, ich kriegs hin. Aber meinst du, ein anderer kriegts hin? Ich bin schon am Kämpfen jahrelang, wo ich immer wieder gern mal sag, ich hätt gern diesen Elektrotechnische Fachkraft, das kostet halt paar 100 Euro, oder 1000, wenn du dann diese zusätzliche Ausbildung, damit du auch mal offiziell natürlich auch nur einen Stecker wechseln darfst.

    [00:15:16] Ingrid Altmann: Ich glaube, das, das Gefühl hat ja auch jeder, dass er sich irgendwo auch weiterentwickeln möchte in seinem Job und auch nicht stehen bleiben möchte, egal in welchem Arbeitsbereich man tätig ist und ich finde, es ist wichtige Aufgabe des Unternehmens, dies auch zu ermöglichen. Und wir reden immer von Fachkräftemangel. Und wir müssen neue Talente fürs Unternehmen gewinnen. Aber mindestens genauso wichtig ist der Punkt: Wir müssen die Talente, die wir haben, halten, weil nichts ist schlimmer als wenn das Wissen, was vorhanden ist, verloren geht. Das wäre, das wäre fatal und das ist in vielen Situationen der Fall, dass wirklich langjährige Mitarbeiter, wenn die das Unternehmen verlassen, dann dann bricht sehr viel zusammen. Und das können wir uns, das kann sich WISAG und ich glaube auch viele andere Unternehmen auch nicht leisten. Und deswegen muss in diesem Bereich mindestens genauso viel investiert werden.

    [00:16:02] Marius Luther: Das habe ich auch noch mal Oliver Reiter gefragt: was muss ein Arbeitgeber tun, um Leute wie dich zu halten. Und wer diesen Podcast kennt, den wird die Antwort nicht überraschen.

    [00:16:13] Oliver Reiter: Einfach denern, denen auf Augenhöhe entgegenkommen und nicht von oben runter. Du bist zwar der Chef, das muss ganz klar sein, das ist ja klar.

    [00:16:21] Oliver Reiter: Aber du wirst auf Augenhöhe abgeholt. Du musst dein Mitarbeiter dein, dein Hausmeister, wo du hast, wenn du den behalten willst, musste sagen: Ey Theo, ich bin froh, dass du bist. Kannst du mir mal helfen? Insgesamt wird der der Hausmeister als Autorität oder als Person net so anerkannt, wie es eigentlich sollte. Dass du den ganzen Tag mit vielen, vielen Menschen zu tun hast und viele, viele Probleme lösen musst und viele Dinge machst, die normalerweise keiner sieht, du siehst es nicht. D a läuft einer im Keller rum und kriegt seine Spülmaschine unten rein und die stehen da allein, und dann hilft man doch, dann hilft man dem eine halbe Stunde. Am Tag, wenn ich da bin, wenn jemand die Tür zufällt, dann mache ich die dem halt auf. Da kann mir auch keiner erzählen, ich muss das noch aufschreiben. So ein Quatsch, das geht ja gar nicht.

    [00:17:08] Oliver Reiter: Ich hab mal eine Zeit lange Reporte geschrieben. Damals hat der Hausverwalter hat Rapporte gewollt. Habe ich jeden Tag, jeden Tag habe ich dem einen schönen Rapport geschrieben, was ich so gemacht habe. Nach fünf Jahren oder sechs war das so ein Müll, wo eigentlich kein Mensch gelesen hat, dann haben keine mehr geschrieben.

    [00:17:25] Marius Luther: Wertschätzung, Vertrauen und nicht zu viel Bürokratie. Wer Talente anziehen und halten will, der muss einfach anständig mit ihnen umgehen, denn sonst sind die Leute auch ganz schnell wieder weg. Und es ist wahnsinnig teuer, wenn so ein eingearbeitete Mitarbeiter das Unternehmen wieder verlässt.

    [00:17:43] Ingrid Altmann: Das erste kritische Jahr ist immer so dass zweite, dritte Betriebszugehörigkeitsjahr, wo man dann vielleicht auch ein Angebot von einer anderen Firma bekommt. Inzwischen werden die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch angesprochen von anderen Firmen, müssen sich nicht mehr bewerben, und das muss halt einfach nur zum richtigen Zeitpunkt kommen, und dann können natürlich Wechsel auch sehr schnell passieren.

    [00:18:04] Marius Luther: Was macht ihr konkret? Was sind so die Top drei Maßnahmen, wo du sagst, das tun wir, damit die Leute nicht nur zwei Jahre bleiben, sondern idealerweise zehn Jahre plus bleiben?

    [00:18:14] Ingrid Altmann: Also klar zum einen das Thema Förderung und Entwicklung, das ist ein Thema, was bei uns sehr groß geschrieben wird. Das Thema Wertschätzung. Und das, was mir oft gespiegelt wird von den Kollegen und Kolleginnen aus dem technischen Bereich, dass einfach der Wohlfühlfaktor und die familiäre Atmosphäre bei uns in den Teams und den Einheiten sehr groß ist. Und das ist oftmals auch ein Thema, was dann auch entscheidend ist, zu bleiben. Das Team, man fühlt sich wohl, man hat ein gutes Verhältnis zu seinem Vorgesetzten, man geht auch gerne auf die Arbeit, auch wenn es mal stressig ist. Und das schätzen auch viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und bevorzugen das vor einem Wechsel in unbekanntes Terrain.

    [00:18:54] Marius Luther: Total spannt, was du gesagt hast mit diesem, es geht so viel Wissen verloren, wenn auch erfahrene Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gehen. Und das ist bei uns auch bei Heyjobs, bei Tech- Unternehmen so, und deswegen habe ich mich schon öfter mal gefragt: Müsste man nicht jemandem, der quasi drei Jahre dabei ist, quasi fast das doppelte Gehalt zahlen, wie jemandem, der neu anfängt? Auch wenn die gleich ausgebildet sind, hat der, der drei jahre dabei ist, ja viel, viel mehr Wissen und ist viel wichtiger sozusagen für mich als Unternehmen. Ich hab das Gefühl, das zeigen wir aber in der Gehaltsentwicklung oft nicht, sondern man kriegt dann jedes Jahr ein bisschen mehr, aber eigentlich bist du viel mehr wert für die Firma.

    [00:19:33] Ingrid Altmann: Interessanterweise ist es doch in der Praxis aber genau umgedreht. Das ist das, was was wir merken, dass oftmals neue Mitarbeiter, gerade wenn der Schmerz richtig, richtig groß ist. Also wir stehen ja oft vor der Situation. OK, am 1.7. startet unser Auftrag bei Kunde XY. Wenn wir bis zu dem Zeitpunkt nicht zehn Elektriker haben, haben wir ein großes Problem. Und dann ist der Schmerz so groß, dass vielleicht auch unerfahrenen Mitarbeitern im Verhältnis mehr gezahlt wird als dem Mitarbeiter, der schon seit zehn Jahren dabei ist. Und halt einfach vor zehn Jahren hatten wir noch keine Inflation, hatten andere Gehaltslevel, hat vielleicht auch einfach nicht so klug verhandelt. Also klar gibt es Tarifverträge und bestimmte Dinge, an die man sich, die man sich natürlich hält als Arbeitgeber, aber oftmals ist es doch in der Praxis genau umgedreht, dass wenn der Schmerz groß ist, dass man dann auch bereit ist, mehr Geld in die Hand zu nehmen.

    [00:20:24] Marius Luther: Ich habe auch mit Oliver über das Geld gesprochen, und er sagt: Reich wird man als Hausmeister nicht. Die Familie bekommt er nur durch, weil seine Frau auch arbeitet. Und wenn er wechseln würde, dann für mehr Geld. Aber dafür sein Haus zu verlassen, sein Objekt, diese Autonomie aufzugeben, die er als Facility Manager da hat - der Gedanke fällt ihm dann doch schwer.

    [00:20:49] Oliver Reiter: Du bist da so involviert. Du bist das so drin. Und das ist so dein Baby. Vielleicht muss ich lernen, dass das nicht mehr mein Baby irgendwann ist. Also wenn ich jetzt sagen würde, ich geh jetzt weg, weil ich irgendwo fünf Euro mehr verdien oder so, das ist schwierig. Ich hab schon das eine oder andere Angebot gehabt, wo ich gesagt habe, könnte man machen, aber dann habe ich gedacht, okay, da verdienst du zwar mehr Geld, aber da habe ich wieder mehr Freiheit. Also es ist immer so eine Abwägungssache, diese Freiheit zu haben, zu sagen, ich kann mir meine Arbeit frei einteilen, ich kann selbst denken, ich darf selbst denken, ohne dass ich jemand hab, der mir erzählt, wie ich zu denken hab. Das ist ja könnte ich ja gar nicht.

    [00:21:30] Marius Luther: Die Lizenz zum Ausruhen ist das für Arbeitgeber aber nicht. Zum einen gehen Menschen wie Oliver Reiter irgendwann in Rente. Und zum anderen bin ich fest überzeugt davon: Ein Unternehmen, das sich nicht massiv um Personal bemüht, wird in Zukunft nicht mehr wachsen können, einfach weil es seine Aufträge nicht mehr erfüllen kann.

    [00:21:49] Ingrid Altmann: Absolut das ist, das ist tatsächlich so. Und selbst wir gerade im im im Bereich der Gebäudetechnik und im FM-Bereich stehen auch inzwischen oftmals vor der Situation, dass uns unsere Fachbereiche spiegeln, wir können den Auftrag nicht annehmen, weil wir das Personal nicht haben. Also der der Druck ist schon enorm. Auch der Druck auf uns, als WISAG Job und Karriere ist schon groß im Moment, weil wir natürlich auch alle unser Bestes geben, damit Aufträge generiert und abgewickelt werden können. Aber zum Teil sind die Zeiträume sehr kurz, die Rekrutierungszeiträume, oder die Anforderungen an die Mitarbeiter sind enorm.

    [00:22:27] Marius Luther: Wie geht ein Unternehmen um mit diesem Druck, ständig neue Mitarbeiter anwerben zu müssen? Ich habe mal auf die Karriereseite der WISAG geschaut. Am Tag unseres Gesprächs waren da 2657 Stellen ausgeschrieben. 2657. Die WISAG hat darum eine eigene Tochter Firma gegründet, die sich nur um das Recruiting kümmert, die WISAG Job und Karriere GmbH. Und ich halte das für einen absolut richtigen Schritt. Aber kann sich das eine Firma mit 100, 200 Leuten überhaupt leisten?

    [00:23:02] Ingrid Altmann: Ich finde, das ist wirklich ein Luxus, oder den wir haben, dass wir auch in so einer eigenen GmbH arbeiten dürfen und so eine Wertschätzung auch genießen dürfen. Was kann ich als Tipp geben? Ich finde, Recruiting ist nichts, was man nebenbei macht. Ich kenne es noch von vor ein paar Jahren, da gab es den Beruf Personalreferent. Und der Personalreferent hat Recruiting, Personalbetreuung, Personalentwicklung gemacht, und alles, was mit Personal zu tun hat. Das wird so nicht mehr funktionieren. Es braucht Menschen, die sich zu 100 Prozent mit dem Thema Personalbeschaffung, Recruiting beschäftigen. Ansonsten geht der Fokus verloren. Und das wäre meine Empfehlung auch an kleinere Unternehmen, dass man sozusagen sich damit beschäftigt: Wer kann das machen? Wer hat vielleicht auch die notwendigen Skills dazu? Ich finde, es braucht auch immer so eine vertriebliche Affinität dafür, im Recruiting zu arbeiten. Man muss begeisterungsfähig sein, man muss Menschen abholen können, man muss sich in die Zielgruppen hineinversetzen können, und und das ist etwas, was sehr wichtig ist.

    [00:24:05] Marius Luther: Ja ich kann nur zustimmen. Ich glaube Fokus, Fokus, Fokus. Und du hast völlig recht. Wenn ich 50 Mitarbeiterinnen habe, dann macht es wahrscheinlich Sinn, zum ersten Mal so jemanden zu haben, der nur Recruiting macht. Und wahrscheinlich, wenn ich mehrere 100 Mitarbeiterinnen hab, dann macht es Sinn, separate Sourcer zu haben, Recruiter zu haben, Employer Branding zu haben, und ich glaube, es geht nicht ohne das Invest in Recruiting in den nächsten Jahren, wenn ich als Unternehmen wettbewerbsfähig werden will. Weil wie will ich Bäckereien betreiben, wie will ich Hotels betreiben, Pflegeheime betreiben ohne die unentbehrlichen Talente?

    [00:24:42] Ingrid Altmann: Genau. Und der Trend geht immer mehr dahin, dass sich die Menschen nicht bei den Unternehmen bewerben, sondern dass die Unternehmen dafür sorgen müssen, dass wir präsent sind bei den bei den Menschen. Also das Thema: Wir sprechen Fachkräfte direkt an. Wir holen sie da ab, wo sie sind. Ohne großen Aufwand, und wir spielen von Anfang an mit offenen Karten. Wir sagen vielleicht auch von Anfang an, was kannst du bei uns verdienen, was hast du für Möglichkeiten, für Perspektiven? Und ich glaube, diese Offenheit, diese Transparenz und dieses, diese Einfachheit im Prozess, die braucht es, und die funktioniert auch gut. Da braucht es wirklich manchmal nur zwei knackige Sätze zum richtigen Zeitpunkt an den Kandidaten, der ruft mich zurück und sagt: Frau Altmann, das war so eine charmante Ansprache, erzählen Sie mir mehr darüber, das klingt total gut. Und dann hat man zwei, drei tolle Gespräche und dann hat er gesagt, ja, also ich war jetzt gar nicht so unzufrieden, aber es hört sich irgendwie total gut an.

    [00:25:34] Marius Luther: Was sind die zwei Sätze, die du schreibst, Ingrid?

    [00:25:37] Ingrid Altmann: Das ist natürlich mein, mein, Betriebsgeheimnis.

    [00:25:41] Marius Luther: Ein Thema, was ich oft bespreche mit Gästen, mit Geschäftsführerinnen, mit Politikerinnen ist das Thema: Wie können wir Deutschland zum Einwanderungsland machen? Wie können wir Talente aus dem Ausland anlocken, damit die bei uns Handwerkerin, Pflegekraft und so weiter werden? Habt ihr damit schon Erfahrungen gemacht bei der WISAG?

    [00:26:01] Ingrid Altmann: Es gab schon an der einen oder anderen Stelle Versuche, wo wir das auch gemacht haben, aber noch nicht, als dass wir das als Pool, als fixen Recruiting-Kanal nutzen, weil natürlich der Aufwand enorm ist. Die Bürokratie ist enorm hoch. Und das was man ja eigentlich auch erstmal investieren muss, damit der Mitarbeiter hier ist, ne Wohnung hat, sich ein Bankkonto eröffnet hat, die deutsche Sprache kann. Das natürlich bei uns ist eigentlich die deutsche Sprache sehr sehr wichtig, in den in den Bereichen, gerade im technischen Bereich, wenn jemand als Elektriker arbeitet, da reicht auch kein B2-Niveau, er muss ja auch eine Arbeitssicherheitsunterweisung auf Deutsch verstehen können beispielsweise. Und das ist oftmals ein Faktor der, der uns da sehr hemmt.

    [00:26:48] Marius Luther: Was müsste sich ändern, damit das richtig gut funktioniert, dass Ihr sagen könntet, okay, von den 3000 Leuten, die ich nächstes Jahr einstelle, kommen 1500 aus dem sozusagen?

    [00:26:57] Ingrid Altmann: Also gerade das Thema Bürokratie finde ich einfach viel zu krass heftig. Also mir ist bewusst, dass es da bestimmte Regularien, gebenmuss. Aber das haben wir jetzt allein schon mit ukrainischen Flüchtlingen gemerkt. WISAG hat sich sehr stark im Bereich der Flüchtlinge engagiert. Wir haben in in Frankfurt innerhalb von zwei Wochen ein Hotel gemietet, haben dort Flüchtlinge aufgenommen und haben bereits schon Mitte März die ersten Flüchtlinge dort, alles Frauen mit Kindern, dort aufgenommen. Wir als Recruiting-Abteilung waren auch dort vor Ort, haben mit den Frauen den ganzen Tag Gespräche geführt, sie versucht, ihnen Job-Angebote zu machen, ihnen auch hier ne Perspektive in Deutschland zu geben. Und wir hatten so einen tollen Tag mit wahnsinnig guten Gesprächen. Und dann ist es am Ende daran gescheitert, oder in vielen Fällen daran gescheitert, dass der Termin bei der Behörde erst in drei Monaten ist und die Arbeitserlaubnis konnte noch nicht ausgestellt werden, weil alles muss per Fax und ausgedruckt und so weiter. Und zum Teil ist die Ukraine da in vielen Dingen schon weiter. Da läuft alles digital, da läuft alles, ohne dass man einen Drucker braucht, und, und das das geht einfach nicht.

    [00:28:11] Marius Luther: Ja, das denke ich auch und ich frage mich auch immer: Viel Bürokratie macht ja Sinn, wenn es quasi große Risiken gibt, also wenn man jetzt sagt, ich will, weiß ich nicht, 50 Milliarden irgendwo investieren, dann verstehe ich, dass es da eine Ausschreibung für braucht. Aber was ist das Risiko, jemanden, der Elektriker in der Ukraine war, hier als Elektriker bei der WISAG einzustellen für das Land Deutschland? Also wir müssen mal mehr einfach machen, und wenn es dann ganz ganz schlimm ist, dann können wir es ja immer noch wieder einstampfen, aber vielleicht klappt's ja.

    [00:28:42] Marius Luther: Mehr Mut brauchen wir auch, wenn es um das Gewinnen von neuen Mitarbeitern geht. Denn ich frage mich: Braucht wirklich jeder den perfekten Abschluss oder muss perfekt Deutsch können? Und können wir uns das überhaupt noch leisten? Und das bringt mich zu meiner letzten Frage an Ingrid Altmann.

    [00:28:58] Marius Luther: Das ist auch was, was ich in der Praxis noch ganz, ganz häufig sehe, dass die Anforderungen in den Stellenprofilen die gleichen sind wie vor zehn Jahren. Und die Fachbereiche wollen das so, weil die wollen natürlich keine Abschnitte machen. Das Problem ist nur, es gibt nur noch halb so viele im Markt. Und wenn man mehr möchte, müsste man eigentlich die Kriterien absenken. So leid mir das tut, das wäre der Weg, also zum Beispiel Quereinsteiger zu begeistern oder halt Menschen zu begeistern, die vielleicht nicht alle Kriterien mitbringen. Hast du das Gefühl, da schenken dir die Fachbereiche auch ein offenes Ohr, oder bleiben die da immer noch stur und sagen, der muss genau das können, was der schon immer können musste?

    [00:29:38] Ingrid Altmann: Nee also da muss ich wirklich sagen, da ist die Zusammenarbeit mit unseren Fachbereichen sehr, sehr kollegial und auch sehr kooperativ. Das ist ja auch das, was wir als Recruiting-Abteilung oftmals vorschlagen. Lass uns mal, lass uns zwei Anzeigen veröffentlichen. Eine mit den entsprechenden Kriterien, die Du vorgegeben hast als interner Kunde. Und lass uns noch mal eine zusätzliche Anzeige veröffentlichen, wo wir vielleicht die Kriterien ein bisschen abschwächen, den Titel vielleicht nochmal anders wählen, weil wir zum Teil erleben, dass gar kein Bewerbungseingang kommt, ne, und inzwischen ist es so, wir müssen überhaupt erst mal Bewerbungseingang generieren. Und im nächsten Step, finde ich, ist es umso wichtiger, mit den Menschen zu sprechen. Zu sprechen, zu sprechen, zu sprechen und sie zu begeistern. Und auch zu vielleicht auch das Potenzial zu finden. Ok, der bringt eigentlich die Grundvoraussetzung mit die Must-Haves. Und der hat vielleicht noch ein, zwei Punkte, wo ich ihn noch entwickeln muss, wo ich bisschen investieren muss, aber hey, der kann das machen. Und wir sind auch mehr weggekommen von dem Punkt zu sagen, anhand eines Lebenslauf werden Kandidaten sofort ausgesiebt, sondern wir, wir sprechen mit den Leuten, versuchen herauszufinden, ob sie grundsätzlich geeignet sind. Und dadurch machen wir den den Korridor auch einfach größer und das müssen wir auch machen.

    [00:30:58] Marius Luther: Das können wir uns nicht mehr leisten Menschen auszusortieren, weil dann ist das Ergebnis, ich hab gar keinen mehr, und wer das will, schön, aber wer Menschen braucht, der muss Menschen gewinnen und das beste aus aus denen machen, die da sind.

    [00:31:12] Ingrid Altmann: Und das schöne bei WISAG und den den vielen Job Profilen auch, über die wir am Anfang gesprochen haben, ist, dass wir, wenn vielleicht eine Bewerbung doch nicht zu 100 Prozent passend ist für die ausgeschriebene Stelle, wir so viele Möglichkeiten haben, den Kandidaten vielleicht noch andere Positionen bei uns anzubieten. Und das ist etwas, was auch für den Kandidaten sehr wertschätzend gespiegelt wird, wenn wenn wir ihn anrufen und sagen, hey,du hast dich jetzt vielleicht hier auf die Hausmeisterstelle, Haustechnikerstelle beworben, dafür reicht es vielleicht nicht zu 100 Prozent, aber ich könnte dir eine andere Position anbieten, wie wäre es damit? Das macht ein gutes Bild nach außen, und wir haben damit natürlich auch die Möglichkeit, andere Stellen in dem Moment vielleicht gut zu besetzen.

    [00:31:51] Marius Luther: Das war die dritte Folge von Unentbehrlich - der Fachkräftepodcast. Was nehme ich mit aus dieser Folge? Zuerst einmal ganz neuen Respekt vor dem Beruf des Hausmeisters. Diese Kombination aus handwerklichem Geschick, Lebenserfahrung, Empathie, Gelassenheit, Improvisationstalent, das fand ich schon sehr beeindruckend.

    [00:32:13] Marius Luther: Dann die Erkenntnis: Professionelles Recruiting braucht eine Langzeitperspektive. Als Berufsanfänger wäre Oliver Reiter niemals Hausmeister geworden. Aber wenn man als Unternehmen es schafft, solche vielversprechenden Talente früh an sich zu binden, sie fördert, entwickelt und immer an der richtigen Stelle einsetzt, dann kann man im richtigen Moment den Jackpot ziehen.

    [00:32:35] Marius Luther: Eine lange Beziehung funktioniert aber natürlich nur, wenn man sich mit Vertrauen und Wertschätzung begegnet. Und ich finde es fast ein bisschen erschreckend, wie sehr alle Talente im Podcast etwas betonen, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Vertrauen und Wertschätzung. Wo das nicht gegeben ist, kann auch das beste Recruiting nicht mehr helfen.

    [00:32:56] Marius Luther: Was nehmt ihr aus dieser Folge mit? Schreibt mir gerne auf LinkedIn, da findet Ihr mich unter meinem Namen Marius Luther. Oder ihr besucht mich auf der Podcast-Homepage unentbehrlich.co.

    [00:33:07] Marius Luther: Danke fürs Zuhören und bis zur nächsten Folge. Euer Marius Luther.

Die Gäste in dieser Folge

Porträtfoto von Ingrid Altmann

Ingrid Altmann

ist Geschäftsführerin der WISAG Job und Karriere GmbH & Co KG. Die Tochterfirma des Dienstleistungskonzerns WISAG bündelt das Recruiting vor allem für die Unternehmensbereiche Facility und Industrie.

Porträtfoto von Oliver Reiter

Oliver Reiter

ist seit 23 Jahren Hausmeister in Homburg (Saar). Dort trägt er Verantwortung für ein Wohn- und Geschäftszentrum. Der gelernte Gleisbauer wirkt auch als Jugendtrainer und ist einer der wenigen Deutschen, die die Randsportart Ringtennis betreiben.  

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Recruiting ist kein Einsteigerjob (mit Kerstin Wagner, Chef-Recruiterin der Deutschen Bahn)

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Handwerkerinnen retten das Klima - aber es gibt zu wenige (mit Madita Brauer und Frank Voßloh)